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 Handel
hierbei der Ausgangspunkt sein. Das heißt aber nicht, dass die Online-Aktivität immer bis zum Verkauf reichen muss. Ein gutes digitales Kommunikations- oder In- spirations-Konzept kann beispielsweise schon ausreichen und einen stationären Verkauf vorbereiten.
Haustex: Bislang rein stationäre Händler sollten also spätestens jetzt umdenken ?
Stüber: Ja, ohne Online-Denke geht es nicht mehr. Das Engagement kann aber unterschiedlich ausgeprägt sein, abhän- gig davon, wie ein Geschäft positioniert ist und welche Zielgruppe erreicht wer- den soll. Fest steht aber: Der Erstkontakt mit einem Laden kommt heute in den meisten Fällen über die sozialen Medien oder Online-Suchmaschinen zustande. Dazu kommt die Digitalisierung auf der Fläche, etwa durch Maßnahmen wie ein kontaktloses Bezahlsystem. Die Shop- ping-Experience muss bis in den letzten Prozessschritt ausgespielt werden.
Haustex: Demnach sollten stationäre Händler neben bewährten Stärken wie Beratung und Service vermehrt auf Faktoren wie Bequemlichkeit und Erlebnis setzen.
Stüber: Der Handel muss sich weg vom reinen Produktdenken hin zu einem Ge- samtkonzept bewegen, das einen Mehr- wert bietet. In solch kundenzentrierten Ansätzen gibt es keine Läden mehr, die einfach nur mit Waren vollgestellt sind. Vielmehr geht es um den Rahmen, um die Präsentation. Matratzen sind ein gutes Beispiel. Ausprobieren ist hierbei wichtig, die Kundinnen und Kunden wollen aber zudem inspiriert werden und sich wohlfühlen. Eine Präsentation im Gesamtkontext bietet sich dafür gut an. Die soziale Komponente beim Ein- kauf wird viel relevanter werden. Den Konsumentinnen und Konsumenten müssen Impulse gegeben werden, die über das eigentliche Produkt hinaus ge- hen, aber eine Relevanz haben und da- mit die Aufenthaltsqualität im Geschäft steigern.
Haustex: Haben Sie Tipps, wie Händler diese Impulse setzen können ?
Stüber: Indem sie mutig und kreativ sind und einfach mal Neues ausprobieren – auch ohne dass ein lange entwickeltes Konzept dahintersteckt. Derzeit zeigt sich ja, dass die Kundschaft bereit ist, vieles mitzugehen. Ein gutes Beispiel ist der ak- tuelle Trend Live-Shopping, der über die Distanz hinweg einen persönlichen Aus-
tausch ermöglicht. Das können auch klei- ne Händler umsetzen.
Haustex: Und wo finde ich als Händler Ideen, die ich umsetzen kann ?
Stüber: Ich rate dazu, einfach mal jüngere Mitarbeitende oder die eigenen Kinder zu fragen, was sie sich wünschen würden, und das entsprechend zu testen, oder auch nur zu beobachten, wie sie sich verhalten. Die Jüngeren sind einfach näher an den Tech- nologien. Aber auch Kundenwünsche kön- nen für Händler eine Inspiration sein.
Haustex: Zum Schluss ein Blick in die Zukunft: Geht es so rasant weiter ?
Stüber: Egal, was ich in der Zukunft sehe, abnehmende Geschwindigkeit ist nicht dabei. Wir befinden uns in einer anhal- tenden Phase der Beschleunigung. Was den stationären Handel betrifft, werden wir auch viele Schließungen sehen, weil Händler ihre Geschäftsmodelle nicht schnell genug anpassen können. Mein Rat: Flexibel bleiben, bereit sein, immer wieder Neues auszuprobieren, und die Kundinnen und Kunden nicht aus dem Blick verlieren. Dann hat auch das statio- näre Geschäft eine Zukunft. Es sieht eben nur anders aus.
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