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Die Prüfung nach ISO 22610 ist metho- disch sehr aufwendig und kann nur von speziellen, mikrobiologischen Prüflabora- torien durchgeführt werden Die Vergabe der Prüfungen an externe Prüflaboratorien verursacht hohe Kosten Ein weiterer Nach- teil ist der hohe Zeitbedarf von mindestens vier Werktagen, da das Prüfverfahren auf der Kultivierung von Prüfmikroorganismen basiert Daher kann auf die Ergebnisse erst mit deutlicher Verzögerung reagiert werden
Die Entwicklung eines schnellen, innerbe- trieblich selbständig durchführbaren und dadurch kostengünstigen Tests zur Prü- fung der „wet penetration“ ist Gegenstand eines aktuellen Forschungsvorhabens
Schnellnachweis durch Surrogatpartikel
Der Schnellnachweis beruht auf einer Twin- DNAzym-Kaskadenreaktion: Die norma- tiven Prüfmikroorganismen werden dabei durch Surrogatpartikel (zB Latexbeads) gleicher Größe und gleicher Penetrationsei- genschaften substituiert Die Oberfläche der eingesetzten Surrogatpartikel lässt sich mit Initiatoren (kurzen DNA-Molekülen) funktionalisieren Bei Prüfung eines OP- Textilteils werden ggf penetrierte Surrogat- partikel auf einer Agarplatte aufgefangen
Auf der Agarplatte initiieren die funktio- nalisierten Surrogatpartikel nach Zugabe
von metastabilen Oligonukleotiden (kurze DNA-Moleküle mit Haarnadelschleifen- struktur) eine primäre Hybridisierungs- kettenreaktion (hybridization chain reac- tion, HCR) Dies führt zur gleichzeitigen Ausbildung von zwei unterschiedlichen katalytisch wirksamen DNAzymen (daher „Twin“-Kaskadenreaktion) direkt am HCR- Produkt: eines DNA-spaltenden und eines DNA-ligierenden DNAzyms
Die bei der HCR gebildeten DNA-spal- tenden DNAzyme ermöglichen die Freiset- zung von Fluorophoren durch Abspaltung von Quencher-Molekülen und dienen damit zur Generierung eines Fluoreszenz- signals Die ebenfalls gebildeten DNA- ligierenden DNAzyme bilden hingegen die Initiatoren für die Auslösung einer weite- ren, sekundären HCR
Hierzu werden durch die DNA-ligierenden DNAzyme zwei Vorläufer-Moleküle zu einem neuen Initiator ligiert, der sie an den mit Nukleinsäuren funktionalisierten Agar bindet und sekundäre HCR-Kaskaden in direkter räumlicher Nähe zum penetrier- ten Surrogatpartikel und daran gebildeten primären HCR-Ketten auslöst Die vom DNA-spaltenden DNAzym freigesetzten Fluorophore binden in der Folge an die- se sekundär gebildete HCR-Produkte Die Fluorophore werden dort immobilisiert und lassen sich dann als lokales Fluoreszenz- signal visuell nachweisen
Mit dem neuen Verfahren soll die Sauberkeit von OPTextilien kostengünstig nachgewiesen werden.
Nachweis innerhalb von einer Stunde
Bei OP-Textilien der „Leistungsstufe Hoch“ darf – anders als bei der „Leistungsstufe Standard“ – kein einziges Penetrations- ereignis nachweisbar sein Mit Hilfe des angestrebten Schnellnachweises soll die Penetration eines einzelnen Surrogatpar- tikels innerhalb von 60 Minuten detek- tierbar sein So lässt sich die Einhaltung der Produktanforderung „wet penetration“ betriebsintern schnell prüfen und kann bei Einsatz einer zerstörungsfreien Prüf- apparatur auch zur Prüfung von einzelnen OP-Textilteilen mit optisch auffälligen Stel- len angewendet werden, ohne diese Teile vorsorglich aus dem Textilpool entfernen zu müssen
Der geplante Schnellnachweis bietet auf- grund der besseren Reproduzierbarkeit, des geringeren Zeitaufwandes und der innerbetrieblichen Durchführbarkeit insbe- sondere für textile Dienstleistungsbetriebe als Betreiber von hochwertigen Mehrweg- OP-Textilien in Hinblick auf Wirtschaftlich- keit und Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Anbietern von Einweg-OP-Textilien enorme Vorteile
Projekt wird durch Ministerium gefördert
Das IGF-Projekt IGF 21937 N der For- schungsvereinigung Forschungskuratorium Textil e V, Reinhardtstraße 14-16, 10117 Berlin, wird über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirt- schaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert
60 WRP 7-8 / 2023
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