Page 8 - WRP-04-2020
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Aktuell
wahrnehmen? Welche Papiere benötigen meine Mitarbeiter, damit sie trotz Ausgangseinschrän- kungen zur Arbeit kommen können ? Was ist mit den Pendlern, die im Ausland wohnen ?
Viele dieser Fragen haben mit der Systemrelevanz unserer Unternehmen zu tun. Das DTV-Team kämpft intensiv darum, dass diese Systembedeu- tung von Politik und Behörden anerkannt wird.
Krankenhäuser, Pflegeheime, Feuerwehren, die Lebensmittelindustrie und viele andere essenzi- elle Einrichtungen und Branchen können nicht funktionieren, wenn saubere Wäsche und Beklei- dung fehlt. Dieses Lobbying ist also eine unserer wichtigen Aufgaben aktuell, ebenso wie die Pres- se- und Öffentlichkeitsarbeit. Denn das Bewusst- sein dafür, wie wichtig unsere Branche ist, ist zu Corona-Zeiten noch einmal ganz besonders rele- vant. Für die Reiniger konnten wir über unseren Dachverband, den ZDH, erreichen, dass die Be- triebe zumindest nach aktuellem Stand geöffnet bleiben können, weil diese für die Versorgung der Bevölkerung mit sauberen Textilien natürlich es- senziell sind – und eben nicht nur der Lebensmit- telhandel oder der Optiker.
WRP: Häufen sich die Krankmeldungen in den Tex- tilpflegebetrieben ?
Schumacher: Tatsächlich hören wir von einigen Betrieben, dass es vermehrte Krankmeldungen gibt. Hinzu kommt das Problem der fehlenden Notversorgung der Kinder in Kitas und Schulen für unsere systemrelevanten Betriebe. Wir haben frühzeitig bei der Bundesregierung und vor allem der Kultusministerkonferenz auf dieses Problem hingewiesen, letztlich entscheiden nach bisheri- gen Informationen die Schulen und Kitas, das ist vor Ort aber sehr unterschiedlich. Die Krankmel- dungen werden sicher noch zunehmen und im Moment ist auch noch nicht abzusehen, wie die Behörden reagieren, wenn unter den Mitarbeitern einer Wäscherei ein Corona-Fall auftritt.
WRP: Welche Hilfen können Betriebe jetzt in An- spruch nehmen, um zum Beispiel in der aktuellen Situation ausreichend Liquidität sicherzustellen ?
Schumacher: Um die wirtschaftlichen Folgen für Unternehmen abzufedern, sind von der Bundes- regierung, den Ländern und anderen Institutionen verschiedene Maßnahmen vorgesehen. Der DTV bündelt alle Informationen auf seiner Homepage und aktualisiert diese fortlaufend*. Neben Krediten
Andreas Schumacher Zur Person
Andreas Schumacher ist seit Juni 2013 Geschäftsführer des Deutschen Textilreinigungs- Verbandes (DTV). Zuvor war
er Leiter der Kommunikation beim Industrieverband Textil Service intex und dort auch stellvertretender Geschäftsführer. Er kennt die Textilpflegebranche schon seit Jahren. Vorherige berufliche Stationen waren der Gesamtverband textil+mode sowie die Marketing-Agentur SAZ. Andreas Schumacher hat einen Masterabschluss in Corporate Communications der Bournemouth University (UK).
bei den Bürgschaftsbanken – deren langfristiger Be- antragungsprozess für manche Betriebe aber viel zu lang ist, um den Umsatzeinbruch zu überstehen – haben die Bundesregierung und Bundesländer nun auch Direkthilfen gerade für kleinere Betriebe in Aussicht gestellt. Und wir setzen uns als DTV dafür ein, dass auch mittelgroße Betriebe entsprechen- de Finanzhilfen erhalten. Hinzu kommen Stun- dungsmöglichkeiten von Sozialversicherungsbei- trägen, Steuern und natürlich das Kurzarbeitergeld.
Der Verband regt die Betriebe außerdem an, sich untereinander auszutauschen und gegebenen- falls auch mit Waschkapazitäten auszuhelfen. Für Wäschereien im Gesundheitswesen und in der Pflege ist mit einer erhöhten Auslastung zu rech- nen, während Betriebe, die schwerpunktmäßig das Hotellerie- und Gastronomiegeschäft bedie- nen, aktuell Umsatzeinbußen von mehr als 60 Prozent verzeichnen – Tendenz steigend. Aus die- sem Grund regt der Verband den Austausch und Kooperationen in den Landesverbänden und In- nungen an. Allerdings mit dem Hinweis, dass die Krankenhauswäsche natürlich nur mit den not- wendigen Hygieneprozessen und entsprechenden Zeugnissen bearbeitet werden kann.
WRP: Haben die Wäschereien ausreichend Desin- fektionsmittel ? Wie sieht es im Bereich Textilein- kauf aus ?
Schumacher: Der Ausbruch von COVID-19 in Deutschland führt bundesweit zu Lieferengpäs- sen von Atemschutzmasken, Desinfektionsmitteln und Schutzausrüstungen. Die Bundesregierung arbeitet zwar derzeit daran, die Versorgungslü- cken zu schließen, das gelingt aber aktuell nicht. Diese Situation wird sich in den nächsten Tagen und Wochen wohl verschärfen, weil auch alle an- deren Länder einen extrem hohen Bedarf an die- sen Produkten haben. Auch den DTV erreichen viele Meldungen aus Mitgliedsbetrieben hinsicht- lich der äußerst mangelhaften Verfügbarkeit von Atemschutzmasken und Desinfektionsmitteln. Doch ohne die Schutzausrüstungen kann die Wä- sche nicht bearbeitet werden, schon gar nicht aus Krankenhäusern mit Corona-Patienten. Der Ver- band steht daher im engen Kontakt zu den Her- stellern und Verkäufern und sucht derzeit aktiv nach alternativen Lösungen. Zudem platzieren wir die Botschaft für den Bedarf auch bei der Bun- desregierung.
*Mehr Infos auf der Seite: www.dtv-deutschland.org/Brancheninfos zu Corona
8 WRP 4 / 2020
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