Page 74 - FM_10_2020
P. 74

  Teichwirtschaft + Aquakultur
»Die Substitution des Fischmehls ist seit über zwei Jahrzehn- ten ein besonde- rer Schwerpunkt der weltweiten Aquakultur- forschung.
Bei ihrer Suche greift die Aquafeed­Industrie inzwi­ schen auch auf ungewöhnliche Rohstoffe zurück. Das norwegische Technologieunternehmen Hyper­ thermics extrahiert zum Beispiel aus Fischfäkalien die darin enthaltenen Proteine (der Proteinanteil im Fischschlamm liegt bei mehr als 40 Prozent!). Hoch verdauliche, jedoch nicht in allen Ländern für Tier­ futter zulässige Proteinquellen sind Knochen­, Ge­ flügel­, Blut­, Feder­ und Fleischmehle. Sie können Fischmehl in Fischdiäten zu einem hohen Prozent­ satz ersetzen, ohne die Gewichtszunahme, Futter­ verwertung und Körperzusammensetzung vieler Fischarten nennenswert zu beeinträchtigen. In Ein­ zelfällen können aber Futterzusätze zur Komplettie­ rung des Aminosäurespektrums erforderlich sein. Regenbogenforellenfutter wird zum Beispiel häufig Lysin und Methionin beigemischt, um Defizite beim Ersatz von Fischmehl auszugleichen.
Pflanzliche Rohstoffe sind in großen Mengen verfügbar
Besonders umfangreich und vielversprechend ist die Auswahl an alternativen Rohstoffen bei pflanz­ lichen Produkten aus der Landwirtschaft, etwa Soja oder verschiedene Getreidesorten. In der Regel sind Pflanzenproteine in wesentlich größeren Mengen verfügbar als Fischmehl. Während weltweit jähr­ lich kaum mehr als 5 Mio. t Fischmehl erzeugt wer­ den, beläuft sich allein die Menge an Soja schon auf mehr als 650 Mio. t, dazu kommen Mais, Reis, Weizen und zahlreiche weitere Agrarprodukte, die sich – nach entsprechender Vorbehandlung – für
 Viele Aquakulturbetriebe kaufen ihr Futter in „big bags“, die auf den Mengen­ bedarf großer Fischbestände zugeschnitten sind und unnötigen Verpackungs­ müll vermeiden.
74 FischMagazin 10/2020
Fischfutter eignen. Wegen der großen Mengen sind die Preise gewöhnlich niedriger als beim Fischmehl, außerdem schwanken sie nicht so stark. Anfänglich wurden pflanzliche Proteine vorwiegend für omni­ vore Fischarten („Allesfresser“) eingesetzt, doch in­ zwischen zieht man auch schon carnivore Arten wie Lachs oder Forellen mit pflanzenproteinhaltigem Futter auf. Natürlich lassen sich die biologisch pro­ grammierten Fleischfresser nicht in Pflanzenfresser verwandeln. Der geniale Trick der Futterhersteller besteht darin, den Pflanzenkonzentraten und „vege­ tabilischen Mehlen“ durch spezielle Aufbereitungs­ methoden „fischmehlähnliche“ Eigenschaften zu verleihen, pflanzliche Rohstoffe gewissermaßen in tierische Komponenten umzuwandeln.
Doch auch die Vision einer vegetarischen Forelle, die kostengünstig mit pflanzlichem Futter aufgezogen werden kann, lebt weiter. Wissenschaftler des Agrar­ forschungsdienstes im US­Landwirtschaftsministeri­ um (USDA­ARS) züchten vegetarische Regenbogenfo­ rellenstämme, die mit Diäten auf Sojabohnenbasis gu­ te Leistungen erbringen. Seit Beginn des genetischen Selektionsprogramms vor rund 20 Jahren wurden von Generation zu Generation messbare Fortschritte bei der Verwertung reiner Pflanzenprotein­Diäten erzielt. Ernährungsstudien am ausgewählten Forellenstamm haben ergeben, dass die Fische die Pflanzenproteine besser aufnehmen, die Aminosäuren effektiv verar­ beiten und eine gute Proteinretention zeigen.
www.fischmagazin.de

























































































   72   73   74   75   76