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»Die Nachfrage nach Lachs steigt weltweit so stark, dass die Branche bisher selbst das Em- bargo Russlands oder den Corona- Einfuhrstopp nach China nahezu pro- blemlos weg- gesteckt hat.
zu ändern, noch mehr auf Nachhaltigkeit auszu- richten. Unumstritten in allen Zukunftsstrategien ist jedoch, dass der Aquakultur eine Schlüsselfunk- tion zukommt. Das zeigt schon das Beispiel der nor- wegischen Lachsindustrie, die längst zum Rückgrat der Fischwirtschaft dieses skandinavischen Landes geworden ist. Norwegens Lachsindustrie ist hoch- profitabel, die Nachfrage nach dem Fisch steigt weltweit so stark, dass die Branche selbst das Em- bargo Russlands oder den Corona-Einfuhrstopp nach China nahezu problemlos weggesteckt hat. Dennoch stehe die gesamte Fischbranche enormen Problemen gegenüber, erklärte Staatssekretärin Trine Danielsen, die den vor kurzem zurückgetre- tenen Fischereiminister vertrat. Oberste Priorität für Norwegen hätten derzeit nach dem Brexit die Verhandlungen mit UK und der EU zum Manage- ment und den Fangquoten in gemeinsam genutz- ten Gebieten. Außerdem erfordere die Bekämpfung der globalen IUU-Netzwerke eine weltweite Zusam- menarbeit, die Plastikverschmutzung der Meere müsse beendet werden.
Die Einführung des Ampelsystems in der norwe- gischen Aquakultur habe sich bewährt und erlau- be ein weiteres Wachstum in den „grün“ gelisteten Gebieten, in denen die Entwicklung nachhaltig und umweltfreundlich erfolgt. Einer generellen Auswei- tung der Lizenzvergabe erteilte die Staatssekretärin jedoch eine Absage. Erst müsse die Lachsindustrie ihre nach wie vor offenen Probleme lösen, etwa das Management der Seelausplage oder die Suche nach ökonomisch sinnvollen Alternativen für Fischmehl und Fischöl. „Die Fischindustrie sitzt am Steuer und
Trine Danielsen (Staatssekretärin)
Das Ampelsystem in der norwegi- schen Aquakultur hat sich bewährt und erlaubt ein weiteres Wachstum in den „grün“ gelisteten Gebieten.
Marcio Castro de Souza (FAO)
Wertmäßig machen Seafoodprodukte weltweit gut die Hälfte (50,4%)
des internationalen Handels mit tierischem Protein aus.
hat ihr Schicksal selbst in der Hand, die Politik hat auf den Rücksitzen Platz genommen und gibt nur die Richtung der Prozesse vor.“
Wachstum der globalen Aquakultur hat sich abgeschwächt
Aktuelle Daten zur globalen Fischproduktion prä- sentierte Marcio Castro de Souza (FAO). Gemessen am Exportwert machen Seafoodprodukte weltweit gut die Hälfte (50,4%) des internationalen Han- dels mit tierischem Protein aus. Damit spielt Fisch im Welthandel eine wichtigere Rolle als Schwein (15,2%), Geflügel (14,5%) oder Rind (19,9%), deren Fleisch überwiegend an den Produktionsorten di- rekt verzehrt werde. An diesem generellen Bild än- dere auch der Umstand wenig, dass China derzeit wegen der Afrikanischen Schweinepest große Men- gen Schweinefleisch importiert. Kennzeichnend für das globale Fischgeschäft sei zudem die merk- würdige Situation, dass auch sehr starke Export- länder häufig auf Importe angewiesen sind, weil sie nicht alle marktrelevanten Arten selbst fangen oder produzieren.
Der Fischerei attestierte Castro de Souza den be- harrlichen Wandel zu einer nachhaltigeren Nutzung der Bestände, wobei aber regionale Unterschiede unübersehbar sind. Nach Daten von 2015 werden im Nordostatlantik derzeit 73%, im Nordostpazifik 86%, im Mittelmeer und Südostatlantik hingegen nur 38% der Bestände nachhaltig befischt. Mit dem FAO Code of Conduct for Responsible Fisheries besitze die Fi- scherei einen Leitfaden für gemeinsames Handeln.
KONFERENZ
48 FischMagazin 4/2020
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