Page 55 - FL_09_2020
P. 55

Betriebsgelände, bevor ein negatives Testergebnis vorliegt. So konnten wir einen Ausbruch von Corona-Infekti- onen im Unternehmen verhindern. Im Ergebnis ist unser Produktions- volumen aber durch die Vielzahl der Schutzmaßnahmen um etwas mehr als 10% gedrosselt.
Fleischmagazin: Welche weiteren Fol- gen der Krise erwarten Sie ?
Simon: Die direkten Auswirkungen der Corona-Pandemie werden irgend- wann abklingen. Spätestens dann, wenn es verlässliche Medikamente zur Behandlung von Corona-Infektionen oder gar einen Impfstoff gibt, wird man einen Teil der Schutzmaßnahmen re- duzieren können.
Die indirekten Auswirkungen der Pan- demie sind dagegen deutlich schlim- mer. Zunächst befürchte ich, dass die aus der Pandemie erwachsene Dis- kussion und die massiven öffentlichen Angriffe auf die Fleischwirtschaft zu einem nachhaltigen Konsumrückgang bei Fleisch in der Bevölkerung füh- ren. Üblicherweise ist dann dabei der Schweinefleischkonsum besonders be- troffen. Wir haben schon in den vergan- genen Jahren einen leichten Rückgang der Fleischproduktion in Deutschland gesehen, dieser Trend wird sich also wahrscheinlich verstärken.
Für uns bedeutet dies, dass wir im Bereich von Schlachtung und Zerle- gung kein besonderes Wachstums- potenzial mehr sehen. Das von der
Bundesregierung geplante Verbot von Werkverträgen, Arbeitnehmerüberlas- sung und Unternehmenskooperatio- nen wird uns noch über Jahre beschäf- tigen, nicht nur juristisch, sondern auch praktisch, insbesondere im Hin- blick auf die Mitarbeitergewinnung für Schlachtung und Zerlegung. Bezüglich letzterem müssen wir uns Gedanken machen, wie wir Automatisierungs- prozesse weiter vorantreiben können. Natürlich versuchen wir aktuell mög- lichst viele Mitarbeiter der Subunter- nehmen an uns zu binden, damit wir ab dem 01.01.2021 soweit wie möglich
weiter produzieren können. Die sehr negativen Aussagen der Politik über unsere Branche und die entsprechen- de Medienberichterstattung führen aber dazu, dass sich die Gewinnung von Mitarbeitern für Arbeiten in der Schlachtung und Zerlegung aktuell noch schwieriger gestaltet.
Fleischmagazin: Welche Folgen hat die Corona-Krise für Ihr Exportgeschäft, v. a. für das nach China ?
Simon: Das China-Geschäft ist aktuell wichtig für uns, allerdings beschränkt es sich bei uns im Wesentlichen auf Nebenprodukte. Wir haben im ersten Halbjahr 2020 eine Exportquote von etwa 25% vom Gesamtumsatz, etwa 10% unseres Umsatzes erwirtschaften wir mit unseren chinesischen Kunden. Die Nachfrage ist aktuell mittelmäßig. Mittel- bis langfristig wird aus unse- rer Sicht die Bedeutung des China- Geschäfts wahrscheinlich abnehmen. Außerdem werden wir eine deutliche Steigerung der Produktionskosten im Schweinefleischsektor sehen. Ob wir dann mit unseren Produkten interna- tional noch wettbewerbsfähig sind, bleibt abzuwarten.
Fleischmagazin: Der Ausbruch der Corona-Pandemie hat einige deutsche Schlachthöfe zu Hotspots gemacht. Wo- rin sehen Sie die Ursachen ?
Simon: Wie wir heute insbesonde- re aufgrund der wissenschaftlichen Untersuchungen im Hause Tönnies wissen, waren nicht Arbeits- und
Interview
 Zur Person
Dr. Berrnhard J. Simon hat die Ausbildung zum Vieh- und Fleisch- kaufmann an der Bundesfachschule für Vieh und Fleisch absolviert und anschließend Jura und Betriebs- wirtschaftslehre in München, Paris und Chicago studiert. Mit seinem Cousin Alexander Simon (38) führt er die Unternehmensgruppe SIMON- Fleisch. Darüber hinaus hat der 40-jährige diverse ehrenamtliche Ämter inne, u. a. ist er im Vorstand des Verbands der Fleischwirtschaft (VDF) in Bonn, im Vorstand des Eu- ropäischen Verbands für Viehhandel und Fleischwirtschaft (UECVB) in Brüssel, im Vorstand der Bundesver- einigung der Deutschen Ernährungs- industrie (BVE) in Berlin sowie Mitglied des Rechtsausschusses des DIHK in Berlin. Er ist verheiratet und hat eine Tochter.
  Simon-Fleisch beschäftigt zurzeit ca. 530 Mitarbeiter, davon sind knapp 200 bei Werkunternehmen angestellt.
FleischMagazin 9/2020 55
FOTO: OLAF BEHNEL


















































































   53   54   55   56   57