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Richard Kille, Sachverständiger IFR
Estrichzusatzmittel – die Wirklichkeit
Der Sachverständige Richard Kille stellte voran, dass das Thema Feuchte zum Tagesgeschäft der Boden- branche gehört, vor allem auch der Sachverständigen. Fakt sei, dass es feuchteempfindliche Spachtelmassen und Bodenbelagskleber gebe.
Kille, der Fälle aus seiner Sachverständigen-Tätigkeit vortrug, formulierte Anforderungen an eine funktionie- rende Boden-Konstruktion wie folgt: „Ich brauche eine Grundierung, die bei erhöhter Feuchte nicht mehr weich wird und die Spachtelmasse trotzdem festhält.“ Weitere Kille-Empfehlungen lauteten: „Die Spachtelmasse bleibt
auch bei ein bisschen mehr Feuchte hart und fest. Es gibt Klebstoffe, die behalten ihre Schäl- und Scherfestigkeit, sie bleiben fest und druckstabil auch bei einem feuchten Milieu – das muss nicht gleich ein 1K-PU-Klebstoff sein. Wenn sich dann noch der Bodenbelag nicht zwingend von Feuchte beeinflussen lässt, entsteht ein Bodenauf- bau, der die eine oder andere Unregelmäßigkeit des Baustellenalltags verkraftet.“ Killes Fazit, mit dem von ihm häufig zitierten „gesunden Menschenverstand“ lau- tete: „Diese Unregelmäßigkeiten sind für jeden Boden- und Parkettleger – ich möchte fast sagen – unvermeidbar in der heutigen Zeit.“
„Ob die Handhabung
der Estrichzusatzmittel immer herstellerkonform erfolgt, darf mit der be- kannten Baustellenpra- xis zu Skepsis führen.“ Richard Kille,
IFR Köln
Dr. Frank Gahlmann, Technischer Geschäftsführer Stauf
Belegreife – Definition eines weit gefassten Begriffs
UNTERGRUND
„Die Belegreife ist der Zustand eines Untergrunds, in dem er für die schadens- und mangelfreie, dau- erhafte Aufnahme eines Bodenbelags geeignet ist.“ Dies schlug Dr. Frank Gahlmann als Basisdefinition für das Wort „Belegreife“ vor. Der Referent unter- schied bei den Belegreife-Eigenschaften zwischen den zeitunabhängigen und den zeitabhängigen: Zu den weitestgehend zeitunabhängigen Eigenschaf- ten zählte er Höhenlage, Ebenheit, Rissfreiheit, Rauigkeit, Sauberkeit, überstehende Randdämm- streifen und bei der Fußbodenheizung Messstel- len, Aufheizprotokoll und Oberflächentemperatur. Zeitabhängige Eigenschaften sind bei minerali- schen Estrichen der Feuchtezustand, die Festigkeit
und das Schwindverhalten. Der Feuchtezustand des Untergrunds, zusammengesetzt aus Feucht- gehalt und Feuchtepotenzial, habe direkten Ein- fluss auf die Auswahl von Verlegewerkstoffen und Bodenbelägen.
Die CM- und KRL-Werte geben unterschiedliche, ergänzende Informationen. Vor allem bei Altunter- gründen könne die Prüfung und Bewertung der Be- legreife von der ehemaligen und der geplanten Nut- zung abhängig gemacht werden. Die Bewertung der Belegreife für die geplante Nutzung erfolgt idealer- weise durch Abstimmung zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber.
„Belegreife ist mehr als ausreichende Trockenheit.“
Dr. Frank Gahlmann, Stauf
Dr. Klaus Kersting, Referent Gefahrstoffe BG Bau
Reaktive Verlegewerkstoffe – Aktuelle Entwicklungen
Zu den reaktiven Systemen zählen Diisocyanate (re- agieren zu Polyurethanen), Epoxidharze und Metho- xysilanhaltige Polymere (wie Silan-Parkettkleber), die bei Parkett- und Bodenverlegearbeiten eingesetzt werden. Dr. Klaus Kersting sensibilisierte dafür, dass die drei Systeme bei unsachgemäßer Anwendung Er- krankungen auslösen können.
Epoxidharze können zu Reizungen der Haut und zu allergischen Reaktionen auf der Haut führen. Deshalb
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muss ihr Einsatz auf technisch erforderliche Anwen- dungen beschränkt bleiben. Diisocyanate hingegen führen nur sehr selten zu Erkrankungen, sodass ihre Verwendung weiterhin grundsätzlich empfohlen wird. Silanmodifizierte Produkte sind in die Gefahrklassen Giscode RS10 und RS20 klassifiziert. Sie sind kenn- zeichnungsfrei und setzen bei und nach der Verarbei- tung Methanol frei. Der Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) wird bei Klebstoffen eingehalten, bei Grundierungen hingegen überschritten.
„Reaktive Systeme können bei unsach- gemäßer Anwendung Erkrankungen auslösen.“ Dr. Klaus Kersting,
BG Bau
BTH Heimtex 5/2023 41