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UNTERGRUND
 Die diesjährige Podiumsdiskussion machte die Kom- plexität von Nachhaltigkeit deutlich. Handwerker Udo Herrmann sorgte gleich zu Beginn der Nachhaltig- keitsdiskussion für eine Desillusionierung: „In den 23 Jahren meiner Selbstständigkeit hat ein Kunde bei mir noch nie einen nachhaltigen Parkettboden angefragt.“ Wichtiger als eine Parkett-Marke sei in der jeweiligen Region die „Marke“ des Handwerksbetriebs – in die- sem Fall Parkett Herrmann.
Daniel Wiegel, Leiter der Anwendungstechnik beim elastischen Bodenbelagshersteller Gerflor, erhält in seiner täglichen Praxis Anfragen vom Großhandel, von Bodenlegern und von Endverbrauchern. Sie fra- gen nach Siegeln wie Blauer Engel und Eurofins Gold
„Dem Thema Nachhaltigkeit kann man sich nicht entziehen, weil wir ganz stark betroffen sind.“
Dr. Norbert Arnold, Vorsitzender des TKB
bei Produkten und seien manchmal überrascht, dass Gerflor „seit den frühen 1990er-Jahren bereits PVC- Beläge in Troisdorf recycelt.“ Manchmal werden auch Gebäude-Zertifikate wie solche von der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) für Pro- dukte angefragt. Er müsse dann erklären, dass es diese nicht gibt: An dieser Stelle wird der Spagat zwischen Produkt und Gebäude deutlich. Hier sah Wiegel An- satzpunkte für mehr Aufklärungsarbeit.
Einigkeit gab es dazu, dass zwar häufig nachhaltige Produkte gefordert würden, diese aber nicht auto- matisch ein Gebäude nachhaltig machten. Die In- dustrie möchte deshalb Gebäudezertifizierer für Bo- denprodukte sensibilisieren und auf europäischer Ebene eine Definition von Nachhaltigkeit im Bauwe- sen einfordern.
Aus dem Publikum kam die Frage, ob Kompensations- zahlungen ein sinnvolles Maß für Nachhaltigkeit sein können. Dr. Martin Schäfer, Geschäftsführer beim Verlegewerkstoffhersteller Wakol, vertrat die An- sicht, dass Produkte hierdurch nicht anders würden, da die Aufforstungen und Pflanzungen nicht kausal zu den Produkten seien. Eine weitere Frage aus dem Publikum betraf den Vergleich zwischen geklebtem, mehrfach renovierbarem Parkett und eingeschränkt renovierfähigem, schwimmend verlegtem Parkett. Verleger Udo Herrmann berichtete, dass schwimmend
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Dr. Norbert Arnold informierte über die aktuellen Themen der TKB.
verlegte Beläge in der Regel zum Einsatz kämen, wenn ein Kunde Geld sparen möchte; diese würden häufig im Baumarkt gekauft. Wer wiederum zum Parkettleger komme, wünsche sich einen wertigen Fußboden, der dann auch verklebt werde und schon wegen seiner Langlebigkeit nachhaltig sei.
Dr. Frank Gahlmann knüpfte in diesem Zusammen- hang abermals an die Komplexität von Nachhaltigkeit an. „Bei verklebtem Parkett und LVT kann die Vorlauf- temperatur von Fußbodenheizungen gesenkt werden. Wenn ich Parkett klebe, brauche ich vielleicht nur 8 mm Parkettdicke, vielleicht auch nur 6 mm. Ist das in Bezug auf Nachhaltigkeit gut oder schlecht ?“ Oder anders formuliert: „Sollen wir mehr Holz einbauen, weil es CO2 speichert oder weniger Holz, weil es die Ressourcen schont?“ Darauf gebe es aktuell keine Antwort. Gahlmann forderte, dass der Mehrwert der Verlegewerkstoffe als Nachhaltigkeitsleistung analy- siert werden müsse.
Die kommende TKB-Fachtagung soll am 19. März 2024 im Kölner Maternushaus stattfinden.
      Es folgt eine kurze Zusammenfassung der Fachvorträge auf der nächsten Seite
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   BTH Heimtex 5/2023 39
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