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 WARENKUNDE
 durchläuft der Nachwuchs zunächst ein kurzes Pro- tozoea-Stadium, auf das vier pelagische Larvensta- dien (Zoea) folgen. In dieser Lebensphase, die et- wa 60 Tage dauert und in der sich die Larven von Plankton ernähren, wird der Nachwuchs von den Strömungen über große Entfernungen transportiert und in der Fläche verteilt. Durch diese Expansions- phase können die Krabben relativ rasch neue Le- bensräume besiedeln. Letztlich überleben die Jun- gen aber nur da, wo die Aufwuchsbedingungen für sie günstig sind.
Gegen Ende ihrer Larvalentwicklung gibt der Krebs- nachwuchs sein pelagisches Dasein auf und verwan- delt sich in ein „Absetzstadium“ (Megalopa), mit dem das Leben der Königskrabben am Meeresboden beginnt. Zunächst bleiben sie noch etwa zwei Jah- re im Flachwasser unter 20 Meter Tiefe, das ihnen mehr Versteckmöglichkeiten vor Fressfeinden bie- tet. Ihr Panzer stellt noch keinen wirksamen Schutz dar, zumal sie in dieser Phase zahlreiche Häutungen durchlaufen, nach denen ihr Körper jedes Mal weich und verletzlich ist. Selbst erwachsene Tiere suchen für die Häutung geschützte Plätze auf, um möglichen Angriffen zu entgehen. Erst nach zwei Jahren sind die halbwüchsigen Krabben so groß und robust, dass sie langsam in tiefere Gewässerbereiche abwandern können.
Während Königskrabben im Pazifik seit Jahrtau- senden fest in die natürlichen Ökosysteme einge- bunden sind, stellten sie in der Barentssee gewis- sermaßen Eindringlinge dar, die sich ihre ökologi- sche Nische nur durch Verdrängung anderer Arten erobern konnten, was die regionalen Ökosysteme tiefgreifend beeinflusst. Anfänglich wurde das Auf- tauchen der ersten „Monsterkrabben“, wie sie in einigen Medien hießen, zwar noch mit wohligem Schaudern begrüßt und sogar als „willkommener Segen“ für die Fischereiindustrie betrachtet, doch im Zuge der immer weiteren Ausbreitung der Kreb- se wuchsen die Bedenken, insbesondere in Norwe- gen. Inzwischen gilt die Krabbe als invasive marine Art in der Arktis. Zu Beginn der 1990er-Jahre waren die King Crabs in manchen Gebieten der Barents- see bereits so häufig, dass ihre wirtschaftliche Nut- zung in den Fokus rückte. 1994 einigten sich Nor- wegen und Russland auf eine Versuchsfischerei, deren jährliche Fangquoten von der gemeinsamen norwegisch-russischen Fischereikommission für die Barentssee festgelegt wurden. Da die Königs- krabben im Gebiet einen zusammenhängenden Bestand bilden, wurden sie wie Kabeljau und an- dere Fischarten von Norwegen und Russland zu- sammen verwaltet.
Nutzung und Begrenzung
der Ressource gehen Hand in Hand
Die Phase der gemeinsamen Verwaltung endete 2007 und seither legen beide Staaten die zulässi- gen Entnahmemengen in nationaler Verantwortung fest. Die Managementstrategie des dafür zuständi- gen norwegischen Ministeriums für Fischerei und Küstenangelegenheiten verfolgt zwei Kernziele. Um die wirtschaftliche Nutzung der wertvollen Fische- reiressource langfristig abzusichern, ist die quoten- regulierte Fischerei in einem begrenzten Gebiet auf den Erhalt des Bestandes ausgerichtet. Im Wesent- lichen handelt es dabei um den Varanger Fjord und die Gewässer der Finnmark, die fischereilich beson- ders ertragreich sind. Ebenso wichtig ist das zweite Ziel, das auf eine Begrenzung der weiteren Verbrei- tung der Krabben über das fischereilich relevante
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Die invasiven King Crabs richten auch schwere Schäden in der Fischerei an.
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FischMagazin 8/2023 39
Mit etwas Übung und Geschicklichkeit lässt sich das Muskelfleisch trotz der engen Gelenke sogar komplett aus der Panzerung herauslösen.
Gebiet hinaus orientiert. Außerhalb des quotenre- gulierten Gebiets wurde deshalb eine „freie Fische- rei“ eingeführt. Dort dürfen die Krabben auch oh- ne Quote gefangen werden und es ist verboten, le- bensfähige Tiere wieder zurück ins Meer zu setzen. Diese Strategie der Bewirtschaftung scheint aufzu- gehen: der Krabbenbestand in Gebieten außerhalb der kontingentierten Zone verharrt auf niedrigem Niveau.
Das ist wichtig, denn die invasiven King Crabs be- einträchtigen nicht nur die Artenvielfalt in den neu besiedelten Gebieten, sondern richten auch schwe- re Schäden in der Fischerei an. Sie fressen Köder von den Langleinen und knabbern die gefangenen Fische häufig an, so dass sie unverkäuflich sind.





















































































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