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persönlich
„Fischereimanagement
ist Kunst, keine Wissenschaft“
Who is Who
Prof. Dr.
Robert Arlinghaus (44)
Der Berliner Fischereiprofessor bildet an der Humboldt-Unversität in einem in Deutschland einzig- artigen Studiengang für Fischerei- biologie und Aquakultur die Fischereimanager von morgen aus. Mit naturwissenschaftlichen Methoden untersuchen Arlinghaus und sein Team die ökologischen Wirkungen der Angelfischerei auf Fischbestände und Gewässer.
Für seine herausragende Kom- munikation zu einer nachhalti-
gen Fischerei im Spannungsfeld zwischen Gewässernutzung und dem Erhalt der biologischen Vielfalt unter Wasser erhielt er den Communicator-Preis 2020, die höchste nationale Auszeichnung für Wissenschaftskommunikation.
Freizeitfischerei
Die Freizeitfischerei ist die wichtigste Fischereiform in den Binnengewässern aller Industrie- nationen. Insgesamt angeln demnach in Deutschland rund 3,3 Mio. Menschen, die etwa zehnmal mehr Fisch aus den Gewässern entnehmen als die kommerzielle Seen- und Fluss- fischerei. „Volkswirtschaftlich ist die Angelfischerei mindestens
so bedeutend wie die gesamte sonstige Fischwirtschaft – die industrielle Fangfischerei und Fischverarbeitung und -vermark- tung mit eingeschlossen“,
heißt es in einer Mitteilung vom Leibniz-Institut für Gewässeröko- logie und Binnenfischerei (IGB) und der Humboldt-Universität
zu Berlin (HU). Das Freizeitangeln sichere 52.000 Arbeitsplätze.
Was fasziniert Sie an der Fischbranche ?
Meine „Branche“ ist die Fischereiwissenschaft – hier faszinieren mich die Komplexität der Fragestellungen, der interdisziplinäre Zugang, der Mythos, der sich aus dem Leben der Fische im Verborgenen ergibt, aber gleichzeitig das Geerdetsein als Forscher, weil unsere Forschung eng an der Praxis und ihren Bedürfnissen orientiert ist.
Welches ist der wichtigste Trend
der Branche in Ihren Augen ?
Ich kann nur für die von mir primär untersuchte hobbymäßig ausgeübte Angelfischerei sprechen. Hier sehen wir eine rasante technologische Entwicklung im Kunstköder- und Echolotbereich sowie steigende Beteiligungsraten, was selbstverständlich auch stetig steigende Konfliktherde mit der Berufsfischerei, aber auch dem Natur- und Tierschutz mit sich bringt.
Welche Leistung in der Fischbranche
finden Sie besonders beeindruckend ?
Die Rund-um-die-Uhr-Versorgung mit Fangfisch und die Steigerungsraten der Aquakultur.
Welches Fischprodukt bevorzugen Sie ?
Ich bin ein Fan der (norwegischen) Lachsaquakultur, wenn ich ganz ehrlich bin. Lachs esse ich am liebsten profan gebraten oder gegrillt.
Wen zitieren Sie am liebsten
mit welchem Spruch ?
Fischereimanagement ist Kunst, keine Wissenschaft. (unbekannter Autor).
Welche besonderen Eigenschaften müssen an- dere beim Umgang mit Ihnen in Kauf nehmen ? Mich gibt’s im Arbeitskontext eigentlich nur „auf 180“, damit meine ich Passion für die Wissenschaft und mit einer wissens- und tatendurstigen Grunderwartungs- haltung an mein Gegenüber. Außerdem bin ich meinungsstark. Das kann auf andere im direkten Umfeld durchaus anstrengend wirken.
Wie gehen Sie mit Stress um ?
Ich gehe angeln.
Was bringt Sie in Rage, beruflich und privat ?
Überbordende Bürokratie, fehlende Leidenschaft für die Sache, das Suchen und Vertreten zu einfacher Antworten auf komplexe Sachverhalte, Jammern, Unverbindlichkeit, rechte Parolen und kalter Kaffee.
Was wollten Sie schon immer einmal machen, haben es aber bisher noch nicht geschafft ? Fliegenfischen lernen.
Was machen Sie gerne in Ihrer Freizeit, haben Sie ein Hobby ?
Ich gehe angeln, schreibe gerne populärwissen- schaftliche Artikel zum Angeln und höre Jazz und Independent.
Bei welcher Sendung schalten Sie den Fernseher ein ?
Sportschau und Netflix-Serien.
Haben Sie Ihren Traumberuf ?
Was wären Sie sonst gerne geworden ?
Ja, Professor für Fischereimanagement ist so ziemlich das Beste, was mir passieren konnte. Ansonsten wäre ich wahrscheinlich Jurist geworden. In der Abizeitung stand „Angelweltmeister“ – das war eher ein Scherz.
Mit wem würden Sie gerne einen Abend ver- bringen und warum ?
Charles Darwin – ich hätte gerne gewusst, wie man eine so umwerfend schöne Theorie ersinnen kann.
Was sollte man im Leben unbedingt einmal erlebt haben ?
Eltern zu werden. Und einen kapitalen Fisch in einsamer Umwelt fangen.
Wenn Sie einen Tag in Deutschland regieren sollten, was würden Sie als erstes tun ? Digitalisierung vorantreiben und AfD verbieten.
Ich lese FischMagazin, weil ...
... ich alles lese, was mit Fischen und Fischerei
zu tun hat und die Zeitschrift am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei ausliegt.